NAG sieht das neue „GKV-Wahlrecht“ der Hamburger Beamten kritisch

Gießen, 22.11.2018 - Seit dem 01.08.2018 haben die Beamten der Stadt Hamburg, anders als in allen anderen Bundesländern, die Wahl zwischen der bisherigen Form der "individuellen" Beihilfe, bei der die tatsächlich entstandenen krankheitsbedingten Aufwendungen durch die Beihilfestelle und eine private oder freiwillige gesetzliche Krankenversicherung reguliert werden oder einer neuen "pauschalen" Beihilfe, bei der die Kosten für eine private oder gesetzlichen Krankenvollversicherung bezuschusst werden.

"Es handelt sich um einen weiteren Angriff auf das bewährte Nebeneinander von GKV und PKV und die Sicherheit der Arbeitsplätze unserer Kolleginnen und Kollegen im Innen- und Außendienst." meint Joachim Liesenfeld, im Vorstand der NAG zuständig für Angelegenheiten der Privaten Krankenversicherung. "Sollte sich das Arbeitsaufkommen bei den Beihilfestellen reduzieren, sind mittelfristig auch dort Arbeitsplätze gefährdet." Ein Wahlrecht zwischen PKV und GKV hätten die Hamburger Beamten schon vor der Neuregelung gehabt. Heute sind 94 Prozent der Beamten in Deutschland privat krankenversichert.

Das Wahlrecht besteht insbesondere für Beamtenanwärter oder Beamte, die im Herbst neu eingestellt werden. Aber auch vor dem 01.08.2018 bereits eingestellte Beamte können die pauschale Beihilfe beantragen. Dafür ist keine Frist vorgesehen.

Wie der PKV-Verband ist auch die NAG der Meinung, dass die Beihilfe des Dienstherrn für Beamte und die ergänzende Private Krankenversicherung perfekt zusammen passen. Daran ändert auch die Neuregelung in Hamburg nichts.

Beamtenanfänger sollten sich gut überlegen, ob sie davon Gebrauch machen, denn die Entscheidung ist unwiderruflich und kann später – zum Beispiel bei einem Wechsel des Bundeslandes – schwerwiegende Folgen haben. Es ist daher davon auszugehen, dass für die große Mehrheit der Beamten die klassische Kombination aus Beihilfe und Privater Krankenversicherung die erste Wahl bleibt.

"Noch kann man die Kostensituation nur abschätzen, aber da es insbesondere für "schlechte Risiken" reizvoll ist, wird das Hamburger Modell vermutlich zu einer finanziellen Schwächung der GKV führen", vermutet Liesenfeld. Hamburg rechnet daher mit anfänglichen Mehrkosten von 5,8 Millionen Euro.

Die NAG sieht deswegen keine nennenswerten Vorteile für alle Beteiligten und lehnt dieses Modell daher als nicht zukunftsweisend ab.

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NAG warnt GroKo-Parteien vor „Versündigung am Gesundheitswesen“

Lieber Neuwahlen als die Bürgerversicherung!

Gießen, 27.November 2017 – Nachdem sich führende SPD-Politiker und der SPD-Landesverband NRW für die Einführung der Bürgerversicherung als Voraussetzung für die Fortsetzung der Großen Koalition im Bund ausgesprochen haben, mahnt die Neue Assekuranz Gewerkschaft (NAG) zur Umsicht in dieser hektischen Zeit.

"Offensichtlich meint die SPD, die Situation nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen für die Einführung der Bürgerversicherung missbrauchen zu können", sagt Waltraud Baier, Vorsitzende der NAG. Das sei Taktieren am Wählerwillen vorbei. "Die Parteien, die sich im Wahlkampf für eine Bürgerversicherung ausgesprochen haben, sind in der parlamentarischen Minderheit". Auch die CDU als Mehrheitspartei einer etwaig fortgesetzten Großen Koalition sei programmatisch dagegen.

Baier weist darauf hin, dass unabhängigen Studien und eigenen Recherchen der NAG zufolge mit der Einführung einer Bürgerversicherung kurzfristig über 50.000 Arbeitsplätze in der Privaten Krankenversicherung verlorengingen, "langfristig würden sogar deutlich über 100.000 Menschen ihren Job verlieren".

Dabei würde die Gesundheitsversorgung durch den mit der Bürgerversicherung einhergehenden Fortfall der PKV-Vollversicherung nicht besser, sondern unmittelbar schlechter. Denn die PKV trägt überproportional zur Kostendeckung im Gesundheitswesen bei, ist nicht auf staatliche Unterstützung bei Defiziten angewiesen und zahlt auf ihre Erträge Steuern.

"Weite Teile der Gesundheitsversorgung würden im Zuge der Einführung einer Bürgerversicherung in die Knie gehen", schildert Baier. Die Folgen wäre eine schlechtere und teurere Versorgung der Bevölkerung. "Und das alles einer überideologisierten Idee zuliebe, von der selbst die Befürworter wesentliche Antworten schuldig bleiben, wie das Modell überhaupt funktionieren soll". Weltweit wäre das funktionierende duale System im Nebeneinander von gesetzlicher und privater Krankenversicherung als vorbildlich anerkannt.

Die Bürgerversicherung löse keines der vielfältigen Probleme im Gesundheitswesen, löst aber neue aus, so die Gewerkschafterin. "Deshalb appellieren wir an die GroKo-Parteien, dieses Thema schnell zu den Akten zu legen und sich den vielen realen Herausforderungen in Deutschland zuzuwenden." Für die Fortsetzung der GroKo wäre die Bürgerversicherung ein zu hoher Preis. "Neuwahlen wären dann besser als diese erpresste Versündigung an unserem Gesundheitswesen."

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Ein Zombie kehrt zurück

Ein gutes Jahr ist es noch hin, bis zur Bundestagswahl. Für die Politiker Zeit, sich in die Startpositionen zu begeben. Auch Ralf Stegner, stellvertretender Vorsitzender der SPD ist schon dabei. Am 30. Juni 2016 konnten wir in der FAZ lesen:

„Ohne eine Verständigung auf eine Bürgerversicherung sollte die SPD nach der Bundestagswahl kein neues Bündnis mit der Union eingehen, sagte Stegner am Mittwoch in Berlin. Er forderte seine Partei dazu auf, einen Gerechtigkeitswahlkampf zu führen."

Als Begründung für die Bürgerversicherung dienen Stegner die paritätische Finanzierung und die Abschaffung der „zwei Klassen Medizin". Die paritätische Finanzierung hat es in der gesetzlichen Krankenkasse über Jahrzehnte gegeben, ganz ohne Bürgerversicherung. Aber die SPD hat dieses Prinzip gemeinsam mit der CDU zu Grabe getragen, um sie nun wieder auszugraben, diesmal in Form der Bürgerversicherung.
An der „zwei-Klassen-Medizin" wird das nichts ändern, denn deren Ursache ist, dass das Gesundheitswesen nicht mehr als soziale Aufgabe gesehen wird, sondern als Wirtschaftsfaktor. Selbst die Abschaffung der PKV hindert keinen Reichen daran, seinen Arzt privat zu bezahlen und deshalb schneller und besser behandelt zu werden.

  • Die NAG stellt sich auch weiterhin gegen die willkürliche Vernichtung von über 75.000 Arbeitsplätzen im Versicherungsgewerbe durch die Bürgerversicherung.
  • Als Interessenvertreter der Beschäftigten setzen wir uns ebenso ein für die Wiedereinführung der paritätischen Bezahlung in der Krankenversicherung und für ein sozial ausgerichtetes Gesundheitswesen.

PKV: Personalabbau kostet Qualität und Kunden

Im Auftrag des Senders NTV hat das Deutsche Institut für Service-Qualität (DISQ) 20 Unternehmen der Privaten Krankenversicherung getestet. In den Kategorien Leistungsanalyse und Serviceanalyse konnten jeweils 100 Punkte erreicht werden. Dabei zeigten sich zwischen diesen Kategorien deutliche Unterschiede. Bei den Leistungen erreichten 5 Unternehmen mehr als 85 Punkte, die Nummer 14 erreichte immer noch 76,9 Punkte. Dagegen erreichte bei der Servicequalität das am besten bewertete Unternehmen nur 76,7 Punkte.

Mit den Leistungen können die Kunden der PKV also zufrieden sein, nicht aber mit dem Service der ihnen geboten wird. Beim Service lag der Durchschnitt über alle getesteten Unternehmen nur bei 63,7 Punkten. 2012 hatte der gleiche Test noch einen Wert von 67,4 Punkten erbracht.

Pro Versicherer gab es zehn Testanrufe und zehn Kontakte per E-Mail. Bei 3 Unternehmen wurde weniger als die Hälfte der Mails beantwortet, insgesamt blieb fast ein Viertel der Anfragen ohne Antwort. Nur 40 % der Antwortmails seien individuell formuliert worden, bei der Mehrheit war die Antwort unvollständig. Im Schnitt dauerte es 37,5 Stunden, bis eine Mail beantwortet wurde. Bei den Telefonkontakten wird ebenfalls die Antwortzeit beklagt.

Außerdem wurde der Internet-Auftritt der Gesellschaften bewertet. Ließe man dieses Kriterium unberücksichtigt, würde die Durchschnittsbewertung sogar auf 61,6 Punkte fallen.

Was ist los in der PKV? Seit Jahren treiben die Gesellschaften sich gegenseitig in immer neuen Kostensenkungsrunden. Von 2004 bis 2014 ist der Anteil der Verwaltungskosten an den Beitragseinnahmen in der Branche um 14,6 % gesunken. Dahinter steckt Personalabbau. Und die verbliebenen Kolleginnen und Kollegen können die Arbeit nicht mehr schaffen. Der Personalabbau kostet aber nicht nur Servicequalität, sondern auch Kunden. Von 2011 bis 2014 ist die Zahl der privat Vollversicherten Menschen um 142.000 zurück gegangen, trotz hoher Zufriedenheit mit den Leistungen. Eine der Ursachen ist sicherlich der mangelhafte Service.

Höchste Zeit, umzudenken, fordert die NAG von den Arbeitgebern. Gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Zahl, die es möglich macht, die Fragen der Kunden schnell und fundiert zu beantworten, ist ein Erfolgsfaktor für die Versicherungen.

Unglaublich, aber wahr: Andrea Nahles (SPD) zeigt Betriebsräten und NAGern einen Vogel!

Rund eine Woche lang stand ein Plakatwagen mit dem Slogan „Bürgerversicherung? Nein Danke“ vor der SPD-Parteizentrale in Berlin. Hatte im Rahmen einer Unterschriftenübergabe Prof. Dr. Karl Lauterbach (Gesundheitsexperte der SPD) den Betriebsräten den Dialog versprochen, so war der allmorgendliche Anblick für die Generalsekretärin der SPD, Andrea Nahles, wohl zu viel. Für ihre facebook-Seite ließ sie ein Video  drehen, auf dem sie erst auf das Plakat zeigt und sich dann mit dem Finger an die Schläfe tippt, sprich Andrea Nahles zeigt den Betriebsräten einen Vogel!

Viele NAGer engagieren sich äußerst aktiv in der Betriebsratsinitiative, die genau wie die NAG für den Erhalt der PKV und die dortigen Arbeitsplätze kämpft. Die Geste ist beleidigend, unangebracht und einer Generalsekretärin einer Partei unwürdig, insbesondere wenn es sich um die Partei handelt, die sich auf die Fahne geschrieben hat den Schulterschluss mit den Betriebsräten und Gewerkschaften zu pflegen.

Wir haben umgehend reagiert, Andrea Nahles um einen Gesprächstermin gebeten und die nachstehende Presseerklärung veröffentlicht.

Das wir von Andrea Nahles eine Entschuldigung für ihr unakzeptables Verhalten erwarten, bedarf eigentlich keiner besonderen Erwähnung!

Lesen Sie hier unsere Presseerklärung.

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